Fremdling

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Lexikon des Mittealters Zwischen Zinnen und Alltag - Das Leben auf mittelalterlichen Burgen
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Fremdling (mhd. vremdelinc, vremdlinc, v. mhd. vrem[e]de, ahd. fremidi = entfernt, nicht vertraut; mhd. auch: uzman/uzliute, uzsaeze, uzsidel, uzwoner; lat. peregrinus, hospes, exterus). Die agrarische Bevölkerung des Frühmittelalter war ortsfest, das vertraute Umfeld beschränkte sich auf den Familien-, Hof- und Dorfverband. Schon das nächste Dorf lag meist außerhalb des heimischen Bezugsfeldes. Leute von außerhalb wurden, zumal wenn sie sich durch andersartige Sprache, Haartracht, Kleidung, Religion oder Sitte abhoben, als unvertraut und damit besorgnis- oder angsterregend empfunden. Der Fremdling musste die Barriere der Abwehr durch vertrauensstiftende Äußerungen, Gesten oder den Hinweis auf gemeinsames Glaubensbekenntnis überwinden. War er einmal aufgenommen, so stand er unter der Schutzpflicht des Gastherren (s. Gastfreundschaft). Bezüglich der Rechtsfähigkeit unterlagen Stammesfremde, später Reichs- und Ortsfremde, einschneidenden Beschränkungen (etwa beim Erwerb von Liegenschaften, in der Berufs- und Erwerbstätigkeit, im Beweis- und Erbrecht). Die rechtlich schwachen Fremden konnte nach fränk. Recht der König unter seinen Schutz nehmen; dafür standen ihm der Nachlass und das Wergeld zu. Später nahmen sich Elendsbruderschaften (fraternitates advenarum) der schutzlosen Fremdlinge an.

Die Bewertung von Fremden war je nach deren Stand sehr unterschiedlich: wo man fromme Pilger, reiche Kaufleute, Gelehrte oder auch ehrbare wandernde Gesellen freundlich aufnahm und ihnen rechtliche und wirtschaftliche Privilegien einräumte, stand man Fahrenden ablehnend oder feindselig gegenüber. Sie blieben ausgenommen von der sich bis zum Spätmittelalter herausbildenden rechtlich-sozialen Neubewertung von Fremdlingen, wie sie sich z.B. in Privilegien für fremde Handelsleute ausdrückte.

Die verbreitete dumpfe Fremdenfurcht wurde von der Kirche zur Ausgrenzung und Bekämpfung der nichtchristlichen, barbarischen Völker instrumentalisiert. Die Missionierung unter Karl d. Gr. wurde, wie später die Kreuzzüge oder die Unterwerfung der Slawen, als gottbefohlene Niederwerfung von Barbarenvölkern dargestellt. Das Christus-Gebot der Nächstenliebe war auf Nichtchristen nicht anwendbar. (s. Barbar)

Im Verlauf der Kreuzzüge, durch Fernhandel und die Mobilität von Pilgern, Schülern und Gelehrten ergaben sich vielfältige Kontakte, durch die das Bild des Fremdlings, zumindest in den Handels- und Bildungsmetropolen, differenziert wurde. Man musste anerkennen, dass die als barbarisch diffamierten, nichtchristlichen Fremden durchaus zivilisiert, ja von hoher Kultur und Bildung sein konnten.

(s. Awaren, Barbar, Gast, Heidentum, Hunnen, Juden, Ketzer, Magyaren, Mongolen, Sarazenen, Slawen, Wundervölker, Zigeuner)

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