Gebärden (Theat

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Gebärden (Theat.; mhd. gebaerde, ahd. gibarida = Benehmen, Aussehen). Allgemeinverständliche Körpergesten, welche die innere Haltung, die Gefühlslage oder die Absicht einer handelnden Person auch ohne Wortverständnis sichtbar werden ließen, waren im Mittelalter ein vielbenutztes Ausdrucksmittel. Beim frühmittelalterliche Kirchenraumspiel, das in lat. Sprache aufgeführt wurde, erleichterte es der lateinunkundigen Laiengemeinde das Verständnis der Handlung. Auch in den ®”Lebenden Bildern” und bei der Pantomime war die Gebärdensprache von großer Bedeutung. Im weiteren Sinn gehörten auch Mimik und Stimmfärbung als nichtverbale Ausdrucksformen in den Bereich der Gestik. Beispielsweise bewirkten geneigter Kopf, bodenwärts gerichteter Blick, leicht vornübergeneigte Körperhaltung, über der Brust gekreuzte Unterarme und zurückgenommene, weiche Stimme den Eindruck von Demut, Bescheidenheit und Frömmigkeit. In die Hand gestützter und geneigter Kopf bedeutete Trauer, das Anfassen eines Gegenstandes zeigte Besitzergreifen an, Übereinstimmung wurde durch sich ergreifende Hände ausgedrückt, entgegengestreckte offene Hände machte Abwehr deutlich, das Weisen des erhobenen Zeigefingers unterstrich einen Befehl. Das “ahseln”, jemanden über die Achsel ansehen, drückte Geringschätzung aus. Ähnliche Anweisungen für “sprechende” Gebärden waren bereits in der Benediktinerregel von Winchester (“Regularis Concordia”, 965 – 975) enthalten. Wie für die Pantomime (s. mimus), darf für die Gebärdensprache wechselweise Beeinflussung mit der bildenden Kunst angenommen werden. Beliebte und häufig abgebildete höfische Gesten waren die leicht gehobene Hand, das Mantel- bzw. Rockraffen oder das lässige Einhängen des Daumens in die Mantelschnur (Gottfried v. Straßburg schreibt im “Tristan” [10953] von Isolde: “diu tassel da diu solten sin da war ein kleinez snuorlin von wizen berlin in getragen, da haete diu schoene in geslagen ir dumen von ir linken hant”). Aufsehenheischende vornehm-manierierte Gebärden fanden den Tadel strenger Sittenprediger: “Ob ir ez eht hohvertelichen traget, daz ir iuwern lip de mite brankieret unde gampenieret, unde wizzet niht, wie ir gebaren sullet. Da mite so ruckent siez herwider, so swanzellierent sie danne an so manigen enden mit ir gewendelech, daz man eht ir war neme unde daz sie itelkeit und ir üppigkeit vollebringen.” (Haltet ihr es nun für höfisch, wenn ihr euren Leib dermaßen zur Schau stellt und herumtänzelt und schier nicht wisst, wie ihr euch gebärden sollt. Sie bewegen sich fort, indem sie mit ihrem allen möglichen Zipfeln ihres Gewandes schwänzeln, auf dass man sie nur wahrnehme, und damit sich ihre Eitelkeit und Nichtigkeit erweise. Berthold von Regensburg.)

Außer auf der Bühne spielten Gebärden eine bedeutsame Rolle beim religiösen Kult (z.B. beim Bekreuzigen) im diplomatischen Verkehr (s. Fußfall, Fußkuss), im Rechtswesen (s. Eid, Mantelschutz, manuum immixtio), beim Tanz, beim Gruß, bei Beschimpfungen, beim Spott (z.B. Maulbreitziehen, Nasedrehen, Zungeblecken) und im Volksglauben (z.B. als Abwehr gegen den Bösen Blick).

(s. Feige, Gebärdensymbolik, Zeichensprache)

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