Geistliches Spiel

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Geistliches Spiel (auch “Mysterienspiel”). Aus der Liturgie der Osterfeier (s. Quem quaeritis-Tropus) entwickelte sich im 10. Jh. das Osterspiel, das zum Ausgangspunkt des mittelalterliche Dramas werden sollte. Darsteller waren ursprünglich Kleriker, auch Scholaren, Klosterschüler und Chorknaben. Im Hochmittelalter löste sich das geistl. Spiel von der Liturgie, übernahmen anstelle der Kleriker bürgerliche Zünfte und Bruderschaften Ausrichtung und Darstellung, wurden die Texte im jeweiligen Regionalidiom statt in Kirchenlatein abgefasst. Frauenrollen wurden bis etwa 1500 ausschließlich von Männern gegeben. Im übrigen hatten Angehörige aller Stände und jeden Alters – als Zuschauer wie als Akteure – Anteil am Spiel, sofern sie denn Christen waren. Juden durften weder als Schauspieler noch als Zuschauer teilnehmen; sie hatten sich während während des Spiels in ihren Häusern einschließen zu lassen (Frankfurt/Main, 1496).

Nach dem im 10. Jh. aufgekommenen Osterspiel entstanden weitere geistl. Spiele wie das Weihnachtsspiel (10./11. Jh.), das Dreikönigsspiel (seit dem 11. Jh.), das Passionsspiel (12. Jh.), das Antichristspiel (12. Jh.), das Prophetenspiel (12.Jh.), das Fronleichnamsspiel (14. Jh.), das Weltgerichtsspiel (Mitte 14. Jh.) und das Mirakelspiel (14./15. Jh.). Weiter gab es Himmelfahrts- und Marienspiele.

Das geistl. Spiel des Mittelalter war bei aller je nach örtlicher Tradition unterschiedlichen Ausgestaltung generell von Tendenzen bestimmt wie: Übergang vom schlichten liturgischen Spiel weniger Kleriker im Kirchenraum zum riesigen Spektakel vieler laikaler Darsteller unter freiem Himmel, wachsender Textumfang, stetig steigender Aufwand für Kostüme und Bühnentechnik, erhöhte Detailgenauigkeit, Verlagerung des Spielcharakters weg vom Theologischen und hin zu dramatisierten Heiligenlegenden und zum Weltlich-Alltäglichen, zunehmende Anreicherung mit pittoresken bis grobianischen Szenen.

Das geistliche Spiel hat seinen Ausgang von Kloster- und Kathedralkirchen genommen, fand dann seinen Spielraum auf den Plätzen und Straßen der Städte und eroberte um die Mitte des 15. Jh. den bäuerlich-ländlichen Raum, sodass es am Ende des Mittelalter “ein quasi omnipräsentes Phänomen” (W. Mezger) darstellte. Trotz aller Verbürgerlichung des geistl. Spiels suchten stets Geistliche Einfluss zu nehmen; sie führten Regie oder wirkten in Szenen besonderer Würde oder Heiligkeit auch selbst mit.

Das älteste erhaltene deutschsprachige Passionsspiel steht in der um 1230 niedergeschriebenen ® Carmina Burana (München, Bayerische Staatsbibliothek).

(s. Ausschreier)

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