Hopfen

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Hopfen (Echter Hopfen; ahd. hopfo, mhd. hopfe; lat. lupus; bot. Humulus lupulus). In ganz Europa verbreitete Kletterpflanze aus der Familie der Hanfgewächse. Sie hat – meist dreilappige -, herzförmige Blätter und getrenntgeschlechtliche Blüten, deren weibliche zapfenförmige, grüngelbe Blütenstände treiben, die im Spätsommer erntereif sind.

Die lat. Bezeichnung humulus geht wohl auf das slaw. chumeli zurück, woraus geschlossen werden kann, dass Hopfen als Kulturpflanze durch zuwandernde Stämme aus dem Osten in die Gegenden um Oder, Saale und Elbe gebracht worden sind. Im deutschen Sprachgebiet sind Hopfengärten (lat. humlonaria) schon im Frühmittelalter nachgewiesen (z.B. Geisenfeld, 764 oder Freising, 768), jedoch wurden wahrscheinlich nur die jungen Triebe als Salat oder Heilpflanze genutzt. Der Brauch, Bier durch Zusatz von Hopfendolden (der weibl. Blütenstände, Lupuli flos) aromatischer und haltbarer zu machen, ist wohl einer späteren, beim Experimentieren mit verschiedenen Würzzusätzen gewonnenen Erkenntnis zu verdanken. Es waren wohl Mönche, die aus der Beobachtung, dass Hopfenzapfen lange haltbar waren, darauf geschlossen haben, dass sie sich zum Konservieren eignen müssten und sie mit Erfolg beim Bierbrauen einsetzten. Erstmals bei Isidor von Sevilla (um 560-636) wird Hopfen als Zusatz bei der Bierbereitung erwähnt. Abt Adalhard von Corbie (752-826) erwähnt gehopftes Bier in seinen “Consuetudines Corbeienses”. Ansegius (um 770-834), Abt des Klosters Fontanelle, erwähnt Hopfenbier (sicera humulone) als eine dem Kloster geschuldete Abgabe.

Hildegard von Bingen (12. Jh.) ordnet sie als wärmend und trocknend ein und nennt als medizinische Qualitäten der Pflanze einerseits deren beruhigende Wirkung, andererseits, dass sie “die Eingeweide beschwere und den Menschen traurig macht”. Auch weist sie auf die konservierende Wirkung der Hopfenzapfen auf Getränke hin: “putredines prohibet in amaritudine sua” = “seine Bitterkeit vertreibt die Fäulnis”. Der Dominikaner Albertus Magnus schreibt in seinem Pflanzenbuch (“De vegetabilibus”; 13. Jh.): “Die Hopfenblüte bewahrt die Flüssigkeiten … beschwert aber den Kopf”. Im 14. Jahrhundert folgt Konrad von Megenberg in seinem ‚Buch der Natur’ teilweise dem Albert, erwähnt aber auch die verdauungsfördernde Wirkung, das “Aufschließen der zähen Säfte”. In dem Kräuterbuch des Johann Hartlieb wird Hopfen als Beruhigungsmittel genannt.

In der Volksmedizin wurden Hopfenpräparate zur inneren Reinigung (Blut, Milz, Leber), als Beruhigungs- und Schlafmittel, gegen Entzündungen und Menstruationsbeschwerden, gegen Wassersucht und Gicht sowie zur Dämpfung der Geschlechtslust eingenommen.

Wirksame Bestandteile der Fruchtzapfen weiblicher Pflanzen sind die Hopfensäuren (Humulon, Lupulom), die Bitter- und Gerbstoffe enthalten, antiseptisch wirken und den Bierschaum stabilisieren. Zubereitungsform waren Aufgüsse aus getrockneten und pulverisierten Hopfenzapfen. Während des Mittelalter breitete sich der Hopfenanbau in Hopfengärten (mlat. humlonaria) über ganz Deutschland aus, und bildete bis zum Spätmittelalter Zentren in der Hallertau (zwischen Amper, Ill, Donau und Isar), um Spalt (an der Fränk. Rezat), in Sachsen und Böhmen, bei Lübeck, Kiel, Rostock und Braunschweig. Charakteristisch für Hopfenbaugegenden waren die stangenstarrenden Felder und die steilaufragenden, mit langgezogenen Lüftungsgauben versehenen Darrhäuser, auf deren Böden die Hopfendolden luftgetrocknet wurden. (Hopfendolden dürfen nicht an der Sonne getrocknet werden, da sie sonst braun-rot umfärben und wertvolle Inhaltsstoffe verlieren. Man trocknet sie daher in schattig-luftigen Dachböden der in Darrhäusern auf geflochtenen Hürden.)

Die als Rankhilfe dienenden Stangen wurden zur Lese eingelegt, die Hopfenranken auf die Hofstelle der Hopfenbauern befördert und dort abgeerntet. Die Hopfenstangen wurden während der Vegetationspause vom Spätherbst bis zum Frühjahr auf den Feldern zu “Kuppeln” – spitzkegeligen, zeltartigen Gebilden – zusammengestellt.

Hopfen hatte gegenüber den nur als Wildpflanzen vorkommenden traditionellen Würzkräutern (Gagel, Porst, Schafgarbe) den Vorteil, dass er sowohl als Wildhopfen (lant-hopfe) als auch als Kulturhopfen (gart-hopfe) geerntet werden konnte. Hopfenbau wurde meist als Nebenerwerb auf einem kleinen Teil der landwirtschaftlichen Fläche nahe der Hofstelle betrieben. Die Hopfenerträge unterlagen starken witterungsbedingten Schwankungen, entsprechend groß waren – bei gleichbleibender Nachfrage – die Preisschwankungen. In Krisenzeiten – bedingt durch Missernten oder Kriege – musste der Hopfenanbau zugunsten von Nahrungsmittelanbau zurücktreten. Zur Hopfenernte, die bei frühen Sorten schon Ende August begann, verdingten sich viele wandernde Handwerksburschen (südd. “Hamperer”), die sich oft jedes Jahr beim gleichen Hopfenbauern einstellten. In manchen Hopfenbaugebieten führte der Bedarf an langen, dünnen Hopfenstangen zu Raubbau in den Jungwäldern.

Erst im 14. Jh. wurden andere, beim Brauen verwendete Bitterstoffe wie Wacholder, Gagel, Porst oder Schafgarbe endgültig durch Hopfen verdrängt. Dies nicht nur wegen des besonderen Wohlgeschmackes gehopften Bieres, sondern wegen seiner besseren Haltbarkeit. Von nun an war es möglich, Bier auf Vorrat zu brauen und nach und nach zu verkaufen, sowie Bier als transportfähiges Gut im Fernhandel zu vertreiben. Wenn Sude von gehopftem Bier verdorben sind, so kann das daran gelegen haben, dass außer den Dolden auch Samen, Blätter oder Wurzeln verwendet worden waren.

Das Dünnbier der armen Leute wurde ohne Hopfen gebraut und war für den alsbaldigen Verbrauch bestimmt.

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