Kopfleiden

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Kopfleiden (mhd. houbet-smerze, -suht, -we). Vielfältig sind die Ursachen und die Symptome der meist schmerzhaften Kopfleiden, sie reichen von Verletzungen bis zu innerlichen Ursachen und verursachen akute, chronische oder periodische Missempfindungen. Die mittelalterliche Schulmedizin erklärte die Entstehung nach der Säftelehre : eine Art sei dadurch bedingt, dass Fieber die schwarze Galle errege (capitis dolor ex melancolia), eine zweite entstünde durch Dunst, der aus dem Magen zum Hirn zieht (capitis dolor ex stomachi fumositate), eine dritte durch einen Überfluss an Schleim (capitis dolor ex flegmate). Nach humoralpathologischer Lehre unterschied man zwischen Kopfschmerzen, die durch übermäßige Hitze (Fieber) und solchen, die durch übermäßige Abkühlung des Hirns verursacht sind. Im ersteren Fall sollten Umschläge mit Sauerkraut oder Weißkohl helfen, deren Qualitäten kalt und feucht der Hitze entgegenwirkten, ebenso wie Einreibungen mit Veilchensalbe. Wofern der Kopfschmerz auf Abkühlung des Hirns durch feuchten Schleim beruhte, waren Zubereitungen heißer und trockener Qualität angezeigt, wie z.B. von Nieswurz, Attich, Treibkraut oder Tamariske. Niesen brächte Linderung, indem es die überflüssige Feuchte austreibe.

Auch Hildegard v. Bingen konstatiert: “… Phlegma kann im Menschen oft im Übermaß vorhanden sein und sich erheben, zu seinem Kopf hin ziehen und die Gefäße an den Schläfen … erschüttern und so einen … Kopfschmerz hervorrufen.”

Der Macer Floridus empfiehlt Einreibungen des schmerzenden Kopfes mit einer Mischung aus Rautensaft, Rosenöl und Essig, oder mit Sauerampfersaft und Rosenöl oder mit Rosenöl allein. “Veilchenöl ins Ohr geträufelt … nützt dem Haupt, an welchem Schmerz es auch immer leiden mag …”. Wer Pillen aus frischer grüner Aloe und Kohlsaft oft genug zu sich nimmt, “wird kaum jemals erfahren, was Qual durch Kopfschmerz ist.”

Von den hl. Nothelfern war Dionysius zuständig für Kopfschmerzen; er hatte sich eher köpfen lassen als von seinem Glauben abzulassen, und wird als Bischof dargestellt, sein Haupt in Händen tragend.

Unüberschaubar ist die Menge von Heilpraktiken des Aberglaubens: man sollte dem Kranken einen Armesünderstrick um den Kopf winden, ihn eine heilige Kopfreliquie berühren lassen, Heilsegen hersagen, Vogelhirn (vornehmlich von Geiern, Krähen oder Eulen) auf das Haupt streichen, Katzen- bzw. Hundekot in Essig eingeben u.a.m.

Die Volksmedizin war der Auffassung, dass ein Wurm Ursache von Kopf-, Ohrenschmerz und Taubheit sei, und suchte diesen mittels eines Apfels hervorzulocken. Zur Linderung der Beschwerden wurden kalte oder warme Kopf-Umschläge, heiße Fußbäder, Niespulver, Schröpfen oder Aderlass angewandt.

Zu den im Kopf beheimateten Leiden zählen auch Augenleiden, Besessenheit, Geisteskrankheiten, Fallsucht, Niesen, Ohrkrankheiten, Tollwut, Zahnkrankheiten.

(s. Hirn, Schmerz, Wurm)

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