Pilger

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Pilger (mhd. bilgerim, pilgrim, bilger; von lat. peregrinus = einer, der von außerhalb des ager Romanus, des römischen Staatsgebiets, kam – also fremd, nicht ansässig war; lat. auch homo viator, peregrinator; mhd. auch wallaere, wallebruoder, wandelbruoder). Ein zu heiligen, gnadenbringenden Stätten reisender Christ, einer, der die Fürsprache eines Heiligen sucht (s. Fürsprech). Pilger waren durch einen von Pippin d. Jüngeren erwirkten Synodalbeschluss (725) von Zöllen, Brücken- und Wegegeldern befreit und standen seit Karl d. Gr. unter besonderem Königsschutz. Karl untersagte 806, dass sich Kaufleute des Pilgergewandes bedienten, um sicherer und abgabenfrei zu reisen. Das Ideal der Pilgerschaft war die asketische Heimatlosigkeit um Christi Willen, die Motivation konnte in der Ableistung einer Buße, einer Strafe (ausgesprochen von geistl. Gerichten [seit dem 7. Jh.] oder weltl. Gerichten [vom 9. Jh. an]), oder in der Erfüllung eines Gelübdes liegen, in dem Streben nach Erlösung von Krankheit und Behinderung, im Erwerb eines Ablasses aber auch in Alltagsüberdruss, Abenteuerlust, Fernweh, Gewinnsucht oder Bildungsstreben (peregrinatio erudita). Bestimmte Auflagen sollten dafür sorgen, dass nur glaubensfeste Christen auf Pilgerschaft gingen: unterwegs sollte gefastet oder wenigstens auf Fleischgenuss verzichtet werden, war sexuelle Enthaltsamkeit einzuhalten; es durfte am gleichen Ort nur eine Nacht verbracht werden; Haare und Nägel hatten ungeschnitten zu bleiben; warme Bäder und weiche Betten sollten strikt gemieden werden.

Pilger und Pigerinnen entstammten bis ins 10. Jh. meist der Oberschicht. Seit dem 11. Jh. wurde das Pilgerwesen zu einem Massenphänomen, von da an kamen Piger aus allen Gesellschaftsschichten und Altersklassen; sie reisten selten einzeln, meist gruppenweise – sorgte doch Gesellschaft für höhere Sicherheit und größere Kurzweil – und sollten unbewaffnet sowie durch die Pilgertracht ausgewiesen sein. Unter den Pilgern fand sich, einschränkenden Vorschriften zum Trotz, alles was Beine hatte: Männer und Frauen, Erwachsene, Alte und Kinder, Bauern und Ritter, Vergebung Suchende Büßer und auf Heilung hoffende Kranke, flüchtige Verbrecher und erwerbslustige Kaufleute, abenteuernde Studenten, Bettler, Diebe, Betrüger, Huren und Heiligmäßige.

Um in den Genuss der Heilswirkung einer Pilgerfahrt zu kommen, konnte man, wenn man sich selbst zur Pilgerreise nicht imstande sah – einen Stellvertreter bestimmen. Berufspilgerbrüder und -schwestern sicherten ihre Existenz dadurch, dass sie für das Seelenheil verstorbener oder als Stellvertreter vermögender lebender Votanten eine Pilgerreise unternahmen. Für derartige, auch testamentarisch verfügte Stellvertreter-Pilgerschaften (peregrinationes delegatae) wurden feste Preise vereinbart; so sollten im 14. Jh. zwei Stellvertreter-Pilger für zehn Mark Silber von Lübeck nach Santiago pilgern. Jedem dieser Pilger stand somit etwa der Gegenwert von zwei Ochsen oder 20 Schafen zur Verfügung. Priestern stand eine bis zu doppelt so hohe Entschädigung zu wie Laien. 1411 setzte Königin Margarete von Dänemark testamentarisch 2.000 lüb. Mark aus, um die Pilgerschaft von 130 Pilgerbrüdern zu 44 Gnadenorten zu finanzieren.

Als Patrone der Pilger und Wallfahrer galten neben dem Apostel Jakobus d. Ä. die Heiligen Jodokus, Rochus und Wendelin, St. Christopherus und St. Nikolaus, die Heiligen Drei Könige, die Heiligen Alexius, Arnold, Gerlach, Koloman, Sebaldus (v. Nürnberg) und Birgitta von Schweden.

(s. Kreuzzüge, Pilgerfahrten, Pilgerlieder, Pilgerliteratur, Pilgerrecht, Pilgertracht, Pilgerzeichen, Reisegeschwindigkeit, Reisekosten, Strafpilgerfahrten, Wallfahrt, Wallfahrtsorte)

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