Schafe

Cinque Terre Forest
Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Schafe (mhd. schaf, ahd. scaf; lat. ovis). Das Hausschaf gilt – zusammen mit der Ziege – als ältestes Wirtschaftstier, stammt von dem auf Sardinien und Korsika beheimateten Mufflon (Ovis ammon musimon) und vom südwestasiatischen Stappenschaf (Ovis vignei arkal) ab und wurde schon in der Steinzeit als Woll-, Pelz-, Leder-, Fleisch- und Milchlieferant domestiziert. Die vielseitige Nutzungsmöglichkeit sowie Genügsamkeit, anspruchslose Haltung und hohe Reproduktionsleistung trugen zur Verbreitung der Schafhaltung bei. Im Mittelalter spielte von Germanen und Römern überkommene Schafhaltung eine große Rolle, war doch Wolle das wichtigste Ausgangsmaterial für Kleidungsstoffe und Pergament bis zum 14. Jh. der wichtigste Beschreibstoff.

Nachdem im Mai die Lämmer entwöhnt worden waren, konnten die Mutterschafe bis Anfang September gemolken werden. Die gehaltvolle Schafsmilch wurde zu Käse verarbeitet. Schlachtschafe wurden ausgesondert und gemästet; aus den Fellen machte man Pelze und aus den Häuten Pergament. Das Bauchfett der Schafe wurde zur Kerzenherstellung (Unschlttkerzen) verwendet, aus dem Dünndarm stellte man Saiten für Musikinstrumente her und aus den Röhrenknochen schnitze man Flöten.

Archäozoologische Befunde anhand von Schafsknochen aus dem Mittelalter lassen eine ausgeprägte regionale Differenzierung der Schafe nach Größe und Wuchsform erkennen. Schafe aus den Küstenregionen von Nord- und Ostsee hatten mit durchschnittlich 63 cm eine um 10 cm größere Widerristhöhe als Schafe aus dem Alpenraum.

Die Schafweide konkurrierte nicht mit landwirtschaftlichen Nutzflächen, da Schafe ganzjährig noch auf magersten Wiesen, an Wegrändern und Feldrainen, auf Waldlichtungen oder auf Stoppelfeldern und Brachen Nahrung fanden. Auf den abgeernteten Feldern hielten sie dabei das Unkraut nieder und hinterließen wertvollen Dung. Beste Bedingungen für Schafzucht und Wollproduktion waren in England gegeben, dessen weite Grünflächen für Getreideanbau weniger geeignet waren und in dessen feuchtem Klima besonders feine und weiche Wolle gedieh. Hier leisteten Zisterziensermönche Vorbildliches in der Schafzucht und machten lukrative Geschäfte mit dem Export von Wollfliesen in die kontinentalen Tuchzentren (Flandern, Italien). Der Fountains Abbey in Yorkshire gehörten ca. 18.000 Schafe, der Abtei Rievaulx 14.000 und der Abtei Jervaulx 12.000. Dagegen nehmen sich die 2.000 Schafe bescheiden aus, die 1311 im niederösterreichischen Zisterzienser-Kloster Zwettl gehalten wurden.

Anfang des 14. Jh. wurde von Nordafrika her das Merino-Schaf nach Spanien eingeführt, und machte mit seiner feinen, langhaarigen Wolle der berühmten Sheffield- und Yorkshire-Wolle Konkurrenz. Der Name “Merino” soll auf die Berber-Dynastie der Meriniden zurückgehen und erscheint erstmals in einem Wolle-Kaufvertrag von 1307 (“lana que apellatur merinus”). Das spanische Königshaus stellte schon bald den Export von Merinos unter ein mit Todesstrafe bewehrtes Verbot. (Nach Deutschland sollte das Merino-Schaf erst im 18. Jh. kommen.)

Im mittelalterliche Aberglauben galt der Angang einer Schafherde – besonders einer von links – als glücksbringendes Zeichen. In der Volksmedizin gab es kaum einen Teil des Schafskörpers, der nicht zu Heilzwecken Verwendung fand. So waren Schafsblut und -galle probate Mittel gegen Fallsucht, Lunge half gegen Tobsucht, Kot (Lorbeeren) gegen Brandwunden, Geschwüre, Gelbsucht und Pest, Umschläge mit ungewaschener Wolle legte man bei Gicht und rheumatischen Beschwerden (Reißen) auf u.a.m. Das Schaf als Opfertier lebte in den mittelalterliche Gebildbroten weiter (s. Lamm); es wurde als Wolkentier (Schäfchenwolken) und als Seelentier gestorbener Kinder gesehen.

(s. Hirt, Schäfer, Transhumanz, Weide, Wolle)

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