Trachom

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Trachom (Konjunktivitis granulosa trachomatosa, Körnerkrankheit, “trieffende ougen”, Lippa; grch. trachoma = Rauheit). Durch Bakterien der Familie Chlamydaceae (Chlamydia trachomatis) verursachte chronische Bindehaut-Hornhaut-Entzündung, die zu zu körnigen Wucherungen an der Schleimhaut, zu Triefäugigkeit, zu “Lichtscheu”, zu Vernarbungsprozessen und häufig zur Erblindung führt. Ansteckungsfördernd ist mangelnde Hygiene, aufgrund derer es zu Schmierinfektionen mit infiziertem Augensekret kommt. Die Krankheit wurde von schon Rhazes geschildert und gemäß der antiken Säftelehre auf einen Überfluss von dickem, verschleimten Blut zurückgeführt. Auch Avicenna hat sich zum Trachom geäußert; als dessen Ursache sah er ein den kranken Augen entströmendes Kontagium an. Als Heilmittel empfahl er eine Augensalbe, deren wesentlicher Bestandteil Antimon war. Ärzte der Schule von Salerno übersetzten medizinische, darunter auch augenärztliche Schriften aus dem Arabischen ins Lateinische. Nach der Empfehlung Avicennas findet sich auch in den Schriften des Constantinus Africanus das Wort “Antimonium” als Bezeichnung einer trocknenden, fäulniswidrigen Substanz.

Über Süditalien, das in regem Handelsaustausch mit den arabischen Ländern stand, gelangte die Krankheit nach Europa. Verbreitung fand sie zudem im 12. und 13. Jh. durch christliche Pilger und Kreuzfahrer. Auch die Mongolenzüge haben viel zur Ausbreitung der Trachomatose bis nach Osteuropa beigetragen. 1260 wurde in Paris das “Blindenasyl der Dreihundert” (“Les Quinze Vingts”) gegründet, das in seinen 15 Räumen jeweils 20 Blinde beherbergte; Stifter war König Ludwig der Heilige, der sich der erblindet heimkehrenden Kreuzfahrer erbarmte. Wolfram von Eschenbach erwähnt in seinem “Parzival” das Übel der “vliezende(n) ougen”.

Zu den Behandlungsmethoden zählten das Kauterisieren der Stirn oder der Schläfenpartien vom Ohr bis zur Augenbraue, Inzisionen der Schädelhaut bis auf den Knochen an verschiedenen Stellen, Ätzung der Konjunktiven mit “lapis divinus” (Kupfersulfat, Alaun und Salpeter), Entleerung der Follikel durch Schaben mit einem Eisen, Einträufen von Fischgalle oder Schellkrautsaft. Daneben suchte man Heilung durch der Einreibung mit Speichel, durch Anwendung obskurer Salben und Wässerchen, durch das Tragen von Amuletten, durch Zaubersprüche und Heilgebete, durch die Anrufung bestimmter Krankheitsheiliger (besonders der hl. Lucia) und durch Abwehr des “Bösen Blicks”, der für die Triefäugigkeit verantwortlich gemacht wurde.

(s. Augenheilkunde)

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