Unehrliche Leute

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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unehrliche Leute. Aus der festgefügten Lebenswelt des Mittelalter wurden bestimmte Personen oder Personengruppen als ohnrechten, unrein und ehrlos ausgegrenzt. Sie waren mit dem Schandmal (macula infamiae) geschlagen, waren quasi die Parias der mittelalterliche Gesellschaft. Ob und wie scharf die Diskriminierung praktiziert wurde, war je nach Ort und Zeit verschieden. Zu den anruchtig Gemachten zählten neben Leibeigenen, Unfreien, unehelich (“unecht”) Geborenen, unheilbar Kranken, Juden und Zigeunern auch Ausübende bestimmter Gewerbe. Unehrlich bedeutete also keineswegs den Vorwurf krimineller Straffälligkeit wie etwa den der Dieberei oder Betrügerei, sondern Unbehaustheit, Besitzlosigkeit, Arbeitsscheu, Unmoral oder die Zugehörigkeit zu einer verfemten Gesellschafts-, Volks- oder Berufsgruppe. Unehrlichkeit bedeutete Rechtlosigkeit und Rechtlose konnten nicht Richter, Urteiler oder Zeuge sein, hatten kein Vormundschaftsrecht und keinen Zugang zu städtischen Ämtern oder Zünften, sie waren lehnsunfähig und hatten kein Recht auf eigenen Grund und Boden, durften keine Waffen tragen. Wirtshäuser durften sie nur betreten, solange keiner der Gäste Einwand erhob; von öffentlichen Festen waren sie ausgeschlossen. Körperlichen Kontakt mit ehrbaren Leuten hatten sie zu meiden, da schon Berührungskontakt – und sei er auch ungewollt – ausreichte, um den Betroffenen unehrlich zu machen.

Den unehrlichen Berufen wurden zugerechnet: Henker und deren Knechte, Totengräber, Abdecker (Schinder), Hundeschläger, Fellpflücker, sowie Gerichtsdiener (s.Büttel), Zöllner, Türmer und Nachtwächter, Bader und Barbiere, Müller, Schäfer, Holz- und Feldhüter, Marktschreier, Gaukler, Spielleute, Bettler (s. Armut) und Prostituierte. Bei Zieglern, Müllern, Schäfern, Barbieren und Leinewebern gab es große regionale Unterschiede: während z.B. im Bereich der Hanse strikte Ausschlussregeln galten, konnten Barbiere und Leineweber im Süden und Westen Deutschlands eigene (niederrangige) Zünfte bilden.

Die Ursachen für die jeweilige Verfemung sind uneinheitlich, vielschichtig und selten zweifelsfrei auszumachen. Als unehrlich galten Fremde ohne festen Wohnsitz und Berufe, die außerhalb einer geschlossenen Siedlung ausgeübt wurden; ferner Leute, die sich durch Blutvergießen und Töten unrein gemacht hatten oder sich “für Geld zu eigen gaben”. Durch christl. Diffamierung sanken Uneheliche, Juden und Heiden in die Unehrlichkeit ab. Auch an der Verrufung von Spielleuten, Schäfern und Henkern war die Kirche maßgeblich beteiligt. In Unehrlichkeit geriet man nicht zuletzt infolge einer Verurteilung wegen unehrlicher Strafsachen.

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