Zeit

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Zeit (mhd., ahd. zit = Abschnitt; lat. tempus). Der Kirchenlehrer Augustinus, maßgeblicher Vordenker der Christenheit, hat sich im XI. Buch seiner “Confessiones” mit dem Begriff “Zeit” auseinandergesetzt: “Wenn man mich nicht fragt, was Zeit ist, so weiß ich es, will ich es aber einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht.” Die Zeit sei mit der Schöpfung entstanden, Gott selbst existiere außerhalb der Zeit, jede Zeit ist für ihn gleichzeitig Gegenwart. Dem menschlichen Bewusstsein erscheint Zeit als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, wobei die Gegenwart als “Umschlag” von Vergangenheit in Zukunft keine Dauer hat. Sie ist definiert durch Erinnerung (memoria) an das Vergangene, Betrachtung des Gegenwärtigen und Erwartung des Zukünftigen. Das menschliche Bewusstsein habe die Fähigkeit, durch Sinneseindrücke aufgenommene Bilder im Gedächtnis zu bewahren und als Vergangenes von Gegenwärtigem und Zukünftigem zu unterscheiden. Dabei sei wahrhaft nur das Gegenwärtige, das Erinnerte und das Erwartete verschwimmen mit wachsender zeitlicher Distanz zunehmend im Dunklen. Der antiken Auffassung von einer endlosen zyklischen Zeit setzte er die Konzeption einer endlichen Zeit (tempus) entgegen, die nach dem göttl. Heilsplan mit der Schöpfung beginnt und auf das Ziel der Erlösung hin gerichtet ist. Ewigkeit (aeternitas) existiert außerhalb der Zeit als eine Dimension Gottes.

Der Prediger Berthold von Regensburg stellt die Zeit als drittes der dem Menschen von Gott verliehenen fünf Talente (Pfunde, Gaben) dar. Mit der zugemessenen Lebenszeit sei sorgsam umzugehen, damit der Mensch den an seinen Beruf gestellten Anforderungen gerecht werden kann. Vor dem Richterstuhl sei einst Rechenschaft darüber abzulegen, wofür die überlassene Zeit verausgabt worden ist.

Der spätmittelalterliche Mystik erschien die Zeit als zweigeteilt in Weltzeit und Ewigkeit. Meister Eckhart schuf den Begriff vom “Verbergen des Gottesreiches” durch die Zeit.

Wenn auch von der christl. Religion her die Zeit als gerichtete lineare Dimension begriffen wurde, war doch das Zeitempfinden des mittelalterliche Menschen zyklisch geprägt, gemäß natürlicher, mit periodischem Gleichmaß wiederkehrender Phänomene: der Jahreszeiten, der Mondphasen, des Tag-Nacht-Wechsels. Die von der Natur vorgegebene Jahres-, Monats- und Tagesdauer wurde durch die künstlichen Größen Woche und Stunde weiter gegliedert. Lostage und Kirchenfeste waren wichtige Zeitmarken im bäuerlichen und kirchlichen Jahreslauf. Das Alltagsleben fand zwischen Sonnenaufang und Sonnenuntergang statt, eine genauere Zeitbestimmung war in der überwiegend agrarischen Gesellschaft des Frühmittelalter nicht nötig; einzig im kirchlichen und klösterlichen Bereich benötigte man Zeitmesser (s. Uhr) zur pünktlichen Einhaltung der Stundengebete. Bei der liturgischen Zeiteinteilung variierte die Dauer der acht Horen mit den Jahreszeiten, da die Prim an den Sonnenaufgang und die Vesper an den Sonnenuntergang gebunden war. Vom 13. Jh. an, als das komplizierter werdende Getriebe der Stadtgesellschaft nach exakter Terminplanung verlangte, hielt die mechanische Räderuhr in Kirch- und Rathaustürmen, später auch in den Haushalten Einzug, und damit die Tageseinteilung in 24 gleichlange Stunden (s. Stundenzählung).

(s. islamische Zeitrechnung, Jahresteilung, Jahreszeiten, jüdische Zeitrechnung, Kalender)

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