Zisterzienser

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Lexikon des Mittealters Leben im Schatten der Zinnen: Burgen des Mittelalters und ihr Alltag
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Zisterzienser (Sacer Ordo Cisterciensis, OCist; benannt nach dem Stammkloster Cistercium/Citeaux). Als Ordensgründer gilt der hl. Robert, Abt des Benediktinerklosters von Molesme (Burgund), das er 1098 wegen der schlechten Disziplin der Mönche verließ (s. Exordium Cisterciensis Cenobii). Zusammen mit Robert exilierten “aus Liebe zur Armut” 21 Mönche, mit denen er “in der schrecklichen Einöde” bei Dijon am 21.03.1098 ein eigenes Kloster gründete, in dem die regula Benedicti streng eingehalten werden sollte. Das Kloster wurde später Cistercium (Citeaux) genannt. Unter Abt Stephen Harding, der die erste Verfassung des Ordens entwarf (s. “Charta Caritatis”, bestätigt 1119), verbreitete sich der Orden durch Filialklöster über ganz Europa. 1115 beauftragte Stefan Harding den jungen Bruder Bernhard, in Clairvaux (an der Aube, zwischen Troyes und Chaumont) ein Tochterkloster zu gründen. Unter dem Abbiat Bernhards kam der Orden zu seiner höchsten Blüte und wurde zum Träger der mönchischen Reformbewegung. Bei Bernhards Tod (1153) zählte der Orden 343 Abteien, die durchwegs fern von Siedlungen (in eremo), in Einöden und Wäldern gelegen waren und der Neulandgewinnung dienten (s. Zisterzienserklöster).

In der Charta caritatis ist die Organisation des Ordens festgeschrieben: Jede Tochterabtei sollte ein eigenständiges Abbild der Mutterabtei Citeaux sein; der Abt von Citeaux hatte die Tochterabteien jährlich einmal zu inspizieren; oberstes Gremium war das jährlich zur Heilig-Kreuz-Vigil (13. 09.) in Citeaux tagende Generalkapitel, zu dem alle Äbte zu erscheinen hatten um mit gleicher Stimme Beschlüsse zu fassen. (Der langen Anreise wegen brauchten Äbte aus Irland, Schottland, Portugal und Sizilien nur alle vier Jahre teilzunehmen.) Ergänzt wurde die Charta durch die Consuetudines, die Alberic, dem zweiten Abt von Citeaux (1099 – 1109) zugeschrieben werden. Sie enthalten Vorschriften zur Gottesdienstordnung, zum Leben der Mönche und zu dem der Konversen. Die Regeln der jährlichen Generalkapitel sind in den Instituta festgelegt, 1134 niedergeschrieben und 1152 um einige Paragraphen erweitert.

Der Orden stand Angehörigen aller Volksschichten offen und hatte allein deswegen schon großen Zulauf. (Kinder wurden dagegen nicht mehr aufgenommen.) Er förderte kolonisatorische Klostergründungen im dt. Landesausbau, die im Neuland bis zur Weichsel hin christl. Glauben, wissenschaftliche, künstlerische und landwirtschaftliche Kultur verbreiteten. Nicht hoch genug kann der Einfluss der Zisterzienser auf Entwicklung und Verbreitung von Technik und Handwerk eingeschätzt werden. (Sie entwickelten und vermittelten Kenntnisse im Wege-, Wasser- und Mühlenbau, im Bauhandwerk, im Bergbau-, Hütten- und Salinenwesen, in der Glas-, Tuch- und Lederherstellung, im Färber- und Schmiedehandwerk, in der Bäcker- und Braukunst und waren so – zusammen mit dem Prämonstratenser- und dem Deutschritterorden – die treibende Kraft der “technischen Revolution” des MA.) Die rings um das Kloster in größerer oder minderer Entfernung angelegten Gutshöfe (s. Grangien) sowie die dazugehörenden Felder, Weingärten, Teichanlagen, Schafzucht- und Gewerbebetriebe waren vorbildlich und richtungsweisend. Die Hauptlast der Arbeit trugen Laienbrüder, Konversen oder Familiaren, welche die Vollmönche zahlenmäßig bei weitem übertrafen (Beispiele: Himmerod [Eifel] 60 Mönche, 200 Laienbrüder; Walkenried [Harz] 80 M., 180 L.; Volkenroda [Thür.] 50 M., 104 L.; Amelungsborn [Westf.] 50 M., 90 L.).

Die Bernhardiner (wie sich die Zisterzienser nach Bernhard von Clairvaux auch nannten) trugen ungefärbte rauhe Leinen- oder Wollgewänder, was ihnen den Namen “weiße Mönche” einbrachte. In der auf Abt Harding zurückgehenden “Charta Caritatis” war u.a. das einheitliche Bauprogramm für Zisterzienserklöster festgelegt, dessen Einhaltung durch reisende Visitatoren vor Ort kontrolliert wurde. Die mönchisch-asketische Einstellung der Zisterzienser fand in den Bauvorschriften ihren Niederschlag: Kontrastierend zum Prunk der Cluniazenserbauten sollten schlichte, weitgehend schmucklose Bethäuser entstehen (s. Zisterzienserkirchen). Bei Nichteinhaltung der Bauregel konnte es durchaus zur Niederlegung von Neubauten kommen (“Wenn also irgendjemand gegen die Kapitelstatuten [d. Generalkapitels von 1134] schon gebaut haben sollte, sollen diese Gebäude ohne Dispens fallen und Kosten und Mühen umsonst sein.”).

Von 1125 an gab es auch einen bedeutenden weibl. Zweig, der sich besonders der Marienverehrung widmete und aus dem viele Fälle von Visionsmystik bekannt wurden (s. Mechthild von Hackeborn, Gertrud die Große, Mechthild von Magdeburg). Der Zustrom zu den Zisterzienserinnen war derart, dass es zur Überfüllung der Klöster und zur Festsetzung einer Höchstzahl von Nonnen je Kloster kam. 1220 wurde beschlossen, dem Orden keine weiteren Frauenklöster mehr zu inkorporieren. Nur auf Vermittlung der Kurie ist es in der Folgezeit noch mehreren Frauengemeinschaften gelungen, Anschluss bei den Zisterziensern zu finden. – Die Äbtissin eines Zisterzienserinnenklosters entstammte dem Adel und sollte mindestens 40 Jahre alt sein. Sie unterstand in geistlichen und wirtschaftlichen Belangen der Weisungsvollmacht des Abtes (pater immediatus) eines nahegelegenen Mönchsklosters, dem auch die seelsorgerische Betreuung ihrer Nonnen oblag. Er visitierte das Frauenkloster einmal im Jahr und vertrat es auf dem Generalkapitel in Citeaux, zu dem Frauen prinzipiell nicht zugelassen waren.

Die Wirtschaftskraft der Zisterzienserklöster erwuchs nicht allein aus den diversen Werksbetrieben, aus Bergwerksrechten und den landwirtschaftl. Eigenbetrieben, sondern zunehmend auch aus wirtschaftl. Unternehmungen und Pachterlösen. In den Gebieten der Ostkolonisation wie im Altsiedelland vergaben Zisterzienserklöster seit der Mitte des 12. Jh. einen Teil ihrer Länder als Pachtland. Auch suchten sie, nachdem Neusiedelland rar geworden war, bereits kultiviertes Land samt den darauf liegenden Dörfern zu erwerben, wobei sie sich auch durchaus unchristlicher Mittel wie Gewalt, List und Betrug bedienten. Zudem brachten sie bedeutende Zoll- und Steuerprivilegien an sich.

In den Städten richteten sich Zisterzienserabteien Häuser ein, die als Stützpunkte für Handel und Geldgeschäfte dienten. Der Abt von Walkenried beispielsweise hatte Stadthöfe in Goslar, Göttingen, Nordhausen, Würzburg, Osternrieck und Kelbra. (s. Klosterhöfe)

Im Spätmittelalter war von dem rigiden Regelverständnis, der vita vere apostolica der Anfangszeit, vor allem vom Armutsideal, nichts mehr übriggeblieben. Den Armen auf dem Lande entfremdet, von den Reichen als Konkurrenten empfunden, gerieten die Zisterzienser ins Abseits. Auf den wachsenden städtischen Bevölkerungsteil hatte der Orden nie Einfluss gewinnen können, da seine Niederlassungen vorwiegend in abgelegenen, unbewohnten Gegenden angelegt worden waren. Den Niedergang des Ordens besiegelte endgültig das Versiegen des Zustroms von Laienbrüdern, das sich aus den Folgen des “schwarzen Todes” ergab.

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