Sagenwelt im Mittelalter
Die Menschen im Mittelalter wurden durch Sagen und Mythen stark in ihrer Sichtweise der Wirklichkeit geprägt. Das Mittelalter war einerseits stark durch die christliche Religion geprägt, die das öffentliche Leben prägte, es war aber andererseits auch eine Zeit des Aberglaubens, der Ängste, Hoffnungen und Befürchtungen der Menschen, die kunstvoll in Geschichten, Balladen und Lieder gekleidet wurden.
So kam es, dass vielerorts Bänkelsänger, Geschichtenschreiber und Märchenerzähler durch die Länder zogen und in Dörfern und Schlössern gleichermaßen ihre Kunst vortrugen, um damit andere Menschen zu unterhalten und zu belehren.
Die Mythen, die sie vortrugen, bezogen sich auf ganz unterschiedliche Arten von Erscheinungen des Lebens, der Naturgewalten, der Schicksale des Menschen bis hin zum Tode, aber auch auf die Böswilligkeiten heimtückischer Mächte – und waren immer dem Willen Gottes zugeordnet.
Die Weltanschauung der Menschen basierte auf dem christlichen Glauben, ging somit aber auch von einem ewigen Kampf zwischen Gott und dem Teufel, dem Guten und dem Bösen aus, nach welchem die menschliche Existenz nur zwei Zielrichtungen haben konnte – entweder nach einem entsprechend auf die Erfüllung der göttlichen Gebote, wie die die Kirche und die Heilige Schrift lehrten, ausgerichteten Leben die Erlösung im Jenseits zu erlangen, also „in den Himmel zu kommen“ oder auf ewig im Höllenfeuer verflucht zu sein.
Viele Mythen und Sagen entstanden dadurch, dass den „normalen“ Bürgern keine oder doch nur wenige Möglichkeiten gegeben waren, unerklärliche Vorgänge und Ereignisse zu verstehen; hinzu kam, dass nur wenigen Menschen das Recht zugesprochen wurde, über das ihrer Ansicht nach richtige Leben im Diesseits zu bestimmen, da sie in weitem Maße von außen bestimmt wurden – sei es durch die Unbilden der Natur, sei es durch die „großen Herren“.
Beim Versuch sich dieses für den durchschnittlichen Menschen Unerklärliche, wie etwa die Wirkungen der Naturgewalten oder auch die Entstehung bestimmter Gegebenheiten der sozialen Ordnung, ja des Menschen zu erklären, entstanden aus vielen Spekulationen und mit Hilfe der Phantasie von Generation zu Generation weitergegebene Geschichten – die Mythen. Im Mittelalter standen bekanntlich weitgehend wissenschaftliche und technische Mittel in unserem heutigen modernen Sinn, um die somit rätselhaft erscheinenden Zusammenhänge bestimmter Ereignisse zu erklären, nicht oder nur in sehr beschränktem Maße zur Verfügung – und so konnte die Mythologie zu einer Methode werden, das Unfassbare zu begreifen und in den Alltag aufzunehmen.
Der Unterschied zwischen einem Mythos und einer Sage besteht darin, dass ein Mythos ein Ausdruck der Weltanschauung der Menschen ist und sich mit der Vorgeschichte des Wahrgenommenen befasst und diese zu erklären versucht.
Die Sage dagegen ist eine phantasievolle Erzählung, die sich auf in ihrem Kern durchaus wahre Begebenheiten bezieht bzw. auch der konkreten Lebenswelt der Menschen befasst, diese jedoch ausdeutet und ausschmückt. Verschiedenen Arten von Sagen sind u.a. Drachensagen, Heldensagen aber auch Schelmenstreiche.